Bislang hat sich Audi beim vollelektrischen e-Tron-Programm vor allem auf Spezialitäten kapriziert. Sportwagen und bullige SUV standen im Fokus, bald jedoch greift der Akkubetrieb auch in konventionellen Baureihen. 2024 soll der A6 Avant als e-Tron an den Start gehen. Wie der Business-Liner aussehen wird, zeigen die Ingolstädter jetzt mit einem Konzeptfahrzeug, das weitgehend die Linien des kommenden Elektro-Kombis in der gehobenen Mittelklasse zieren. In knapp zwei Jahren soll das Serienmodell beim Genfer Automobilsalon auf die Bühne rollen und damit die neue Ära der Hochleistungsstromer einläuten.
Basis des Konzepts ist die neue PPE-Plattform (Premium Platform Electric), auf ihr werden auch die weiteren elektrisch angetriebenen Modelle ab dem nächsten Jahr aufbauen. Die A6-Studie ist 4,96 Meter lang, 1,96 Meter breit und 1,44 Meter hoch. Wie üblich wird die Breite betont, Bug und Flanken spielen mit Hingabe in der dritten Dimension. Das Miteinander von Licht und Schatten gibt dem Avant Concept eine ausgeprägte Dynamik, die von Audi als Single Frame bezeichnete Bugmaske ist geschlossen, Kühlluft wird hier in weitaus geringerem Umfang als bei einem Verbrennungsmotor benötigt.
Auffällig ist auch der markante Dachkantenspoiler, der zusammen mit anderen Maßnahmen wie verkleideter Unterboden und exakt berechnete Führungen der Luftströme sowie Heckdiffusor für einen besonders niedrigen Luftwiderstandsbeiwert sorgt. Er wird bei 0,24 liegen, 0,2 Punkte unter dem des bisherigen Aerodynamikmeisters Sportback. Die Marke hat dem Fahrtwind bereits in der Vergangenheit sehr wenig entgegengesetzt. Der Audi 100 war in den 80er-Jahren Rekordhalter, der futuristische Aluminium-Kompaktwagen A2 konnte mit einem cw-Wert von nur 0,25 punkten.
Der lange Radstand erlaubt den Einbau einer besonders leistungsstarken Batterie, betont Chefdesigner Philipp Römers, auch eine Aluminiumlinie an der Dachkante macht den A6 Avant optisch flacher als er tatsächlich ist. Ihren individuellen Auftritt schafft die Studie unterdessen mit den schmalen LED-Scheinwerfern, deren Tagfahrlicht individuell einstellbar sein wird. Über die Scheinwerfer soll der A6 auch in den Dialog mit dem Umfeld treten. Abbiegelicht und Fahrweglicht, das die vorgesehene Fahrtrichtung des Fahrzeugs vor ihm auf Boden projiziert, sollen ein wirksames Instrument für den Fußgängerschutz bilden. Das Kofferraumvolumen, verspricht Römers, siedele auf ähnlichem Niveau wie bei den Modellen mit Verbrennungsmotor und sei klassentypisch. Vor allem der Entfall des Kardantunnels (bei den Modellen mit Frontantrieb) schaffe Platz für die Passagiere im Fond und das Gepäck dahinter.
Den Kombi haben die Ingolstädter gewählt, weil er in vielen Märkten den Bestseller in der A6-Baureihe gibt. Sein elektrisches Antriebskonzept sieht eine Gesamtleistung von 270 kW (367 PS) vor. Das System arbeitet mit einer Spannung von 800 Volt und ist auch mit Allradtechnik kombinierbar. Die Lithium-Batterie hat eine Kapazität von 100 kWh, Damit wird eine Reichweite von rund 700 Kilometer möglich, exakte Angaben sind aufgrund der noch lange ausstehenden Homologierung noch nicht möglich. Aufladen lässt sich der Akku an Schnellladern in 20 Minuten, in dieser Zeit kommt er von fünf auf 80 Prozent seiner Speicherkapazität. An einer Wallbox mit 22 kW soll die Auffrischung der Kapazität auf 100 Prozent in weniger als acht Stunden möglich. Der A6 wandelt sich jedoch nicht grundsätzlich zum Elektriker. Es wird weiter Parallelangebot mit klassischen Verbrennern geben, weil die Wachstumsraten der Elektromobilität nicht auf allen Märkten solche steilen Anstiege wie bei uns erreichen.
Fahrzeuge mit PPE-Plattform werden künftig grundsätzlich in Ingolstadt gebaut, so auch der avisierte Q6 e-Tron im kommenden Jahr. Zweiter Produktionsort für diese Fahrzeuggruppe ist das chinesische Werk Changchun, wo Audi bereits seit mehr als einem Vierteljahrhundert in Kooperation mit dem nationalen Hersteller FAW in einem Joint Venture produziert. In Deutschland hat Audi derweil 82.000 rein elektrisch angetriebene Fahrzeuge im Jahr 2021 verkauft. Das sind 57 Prozent mehr als im Jahr zuvor. (Michael Kirchberger, cen)